Mittwoch, 22. Juni 2022
Abends auf dem vor einem Jahr neu eröffneten Campingplatz Montiggl bei Eppan auf der Weinstraße in Südtirol. Vögel pfeifen mehrstimmig um die Wette. Der Abend – der nach dem längsten Tag des Jahres folgt – ist lau und wir sitzen vor unserem Bus, im Bauch eine gute Pizza, und sinnieren vor uns hin.
Gestern früh sind wir aufgebrochen in Berlin auf den 14tägigen Italientrip. Er wurde aufgrund des Ellbogenbruchs vor knapp vier Wochen wesentlich später angetreten als ursprünglich geplant. Eigentlich wollten wir, vorgeschaltet vor dem geplanten Enduroevent-Aufenthalt in Viamaggio, ab dem 10.6. zwei Wochen mit den E-Bikes das Trentino unsicher machen.
Nun ist daraus eine kleine Vortour im Bus ohne E-Bikes in Südtirol geworden. Gestern kamen wir bis Ingolstadt und haben dort auf dem Stellplatz beim Hallenbad gut und günstig gestanden. Wir haben uns das hübsche Ingolstadt ein wenig angeschaut und waren am Abend griechisch essen.
Heute sind wir 400km weiter südlich, eben in Eppan, gelandet. Wir haben eine ausgedehnte Wanderung zu den Montiggler Seen durch den Wald gemacht und die tägliche Ration Gehschritte absolviert. Jetzt planen wir, was wir am morgigen Tag unternehmen könnten.
Donnerstag, 23. Juni 2022
Kein Regen über Nacht und Sonne am Morgen. So soll sommerlicher Urlaub sein. Nach einem kleinen Frühstück fahren wir mit dem Bus in Richtung Kaltern und hinauf nach Altenburg. Vom Parkplatz Müllereck geht der Wanderweg durch die Rastenbachklamm los. Über gerölligen Untergrund und Brücken und Steige, vorbei an Wasserfällen und entlang eines, glasklares Wasser führenden, plätschernden Baches geht es 1,5 Stunden in schwitzender Weise bergab und zum Teil steil bergauf. Eine herausfordernde, aber machbare Kletterei – auch mit angelegter Ellbogenschiene.
Zurück bei unserem Bus auf dem Parkplatz springen wir fix hinein und düsen nach Tramin, um bei der uns gut bekannten Brennerei noch einen Grappavorrat mitzunehmen, bevor sie schließen für eine ausgedehnte Mittagspause. Dann haben auch wir uns eine Jause – Eisbecher und Espresso – auf dem Traminer Marktplatz verdient. Auf dem Rückweg suchen wir noch zwei Supermärkte auf, um Spezialitäten und die vergessene Sonnencreme (die in Italien dreimal so teuer ist wie zuhause!) einzukaufen.
Den Nachmittag über dösen wir im kleinen Schatten, den der Hänger wirft, auf dem Campingplatz vor uns hin. Und abends suchen wir wieder das durchaus beachtliche Campingrestaurant auf, in dem heute Abend Livemusik gespielt wird.
Freitag, 24. Juni 2022
Am Morgen fahren wir bei gerade noch erträglichen Temperaturen ab und haben den langen Weg bis in die Nähe von Siena vor uns. Gut 450km liegen vor uns, etliche Staus müssen durchlitten, Umfahrungen gesucht werden. An einer Mautstation frisst der Automat zwar unser Abrechnungsticket, verweigert aber die angebotene Karte zur Bezahlung. Das wiederholte Drücken des Hilfeknopfes bringt auch keinen Kontakt zu jemandem, der uns weiterhelfen könnte. Ein Dilemma: Ticket, und damit der Beleg, sind weg, rückwärtsfahren darf man nicht (und würde auch nichts bringen, weil wir ja kein Ticket mehr haben), Barzahlung geht auch nicht, zuständiges Personal nicht in Sicht. Irgendwann nach Minuten öffnet sich die Schranke, die Ampel steht noch immer auf Rot, aber wir nutzen die Chance und fahren durch. Danach lesen wir im Netz, dass wir jetzt von einem Inkassounternehmen angeschrieben werden, die die nicht bezahlte Maut plus erheblicher Inkassogebühren eintreiben wird. Wir sollten noch in Italien versuchen, die nicht entrichtete Maut nachzuzahlen.
Am Abend kommen wir dann endlich auf dem schon bekannten Campingplatz Le Soline in Casciano di Murlo an und wissen schon aus den vergangenen Aufenthalten, dass es nicht so ohne ist auf den Terrassenplätzen mit Anhänger einzuparken, ohne die Kupplung aufzurauchen. Aber das klappt dann doch ganz gut.
Directement wandern wir ins Campingrestaurant und sind dort die ersten der wenigen Abendgäste. Kasperlnd und gestikulierend empfängt uns in italienisch-englischem Kauderwelsch der Koch und schwärmt von seinen eigenen Kochkünsten. Eine Karte gibt es nicht. Preise daher auch nicht.
Der neue Koch, seit 6 Monaten hat er das Lokal gepachtet, erinnert uns in seiner Extrovertiertheit sehr an Carmine, der uns hier vor Jahren bekocht hat. Einen Moment lang rätseln wir, ob es sein kann, dass dies hier Carmine ist, eben älter geworden. Nein, er ist es nicht. Dieser sehr gut kochende Selbstdarsteller heißt Lucca. Na, wie auch immer: das Mahl ist köstlich: auf einer großen Platte Spaghetti Scoglio begleitet von einem jungen Brunello und einem goldenen Vermentino. Die Bezahlung fürs Ganze verläuft ebenso relaxt und unbürokratisch wie der Beginn des Restaurantbesuchs.
Wir sitzen noch ein ganzes Weilchen in der warmen Nacht beim offenstehenden Bus und schwören uns, hier wieder – auch länger – herzukommen.
Samstag, 25. Juni 2022
Wir setzen um, was wir uns gestern vorgenommen haben: verlassen den Campingplatz schon morgens früh und bringen den Anhänger zum, eine Viertelstunde entfernten Viamaggio. Dann fahren wir mit dem Bus nach Siena und parken im Parkhaus Il Campo ein.
In einer Woche findet der jährliche Juli-Palio statt und die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Die Piazza del Campo wird mit einer 20cm dicken und 7,5m breiten Schicht aus verdichtetem Sand und Tuff bedeckt. Tribünen für die 60.000 Zuschauer:innen werden aufgebaut und Dämmplatten, zum Schutz der Häuser und der Pferde, angebracht.
Die Hitze des Tages nimmt minütlich zu und in der Stadt wuselt es vor Menschen. Wir ergattern zwei Stühle in einem Café, warten ewig auf die Bedienung, essen so lala und zahlen viel. Dann laufen wir noch durch Gassen Sienas und sind am frühen Nachmittag zurück in Viamaggio.
Die Zeit zieht sich wie Kaugummi über den ganzen Nachmittag in brütender Hitze. Die anderen Teilnehmer:innen treffen peu a peu ein und wir bekommen unser Zimmer am Nachmittag zugeteilt. Eine geräumige Wohneinheit im alten Stammhaus, die sich über zwei Etagen erstreckt. Erst am Abend gegen 19 Uhr wird die Motorradeinführungsrunde von dem spät eingetroffenen Frank angeführt gefahren. Von dieser Einführungsrunde kehrt die Truppe ziemlich angetan vom Gelände und völlig durchgeschwitzt nach einer guten Stunde zurück.
Und dann geht es auch „schon“ – nach ausgiebiger Dusche – um 20:30 Uhr zum Abendessen. Hier knüpfen wir an die guten Erinnerungen von vor 12 Jahren an: die 4gängige Menüfolge ist ausgezeichnet und könnte jedem Sternerestaurant standhalten. Erste Kontakte und Gespräche der Teilnehmenden dieser Reise werden an der langen gemeinsamen Tafel draußen auf der Terrasse geknüpft. Viele kennen sich schon von vorhergehenden Events hier oder in der Lombardei.
Zur Schlafenszeit öffnen wir die Fensterläden und -flügel und sorgen in unserem Appartement für etwas abkühlenden Durchzug, so dass Schlaf nach einer Tagestemperatur von 35°C überhaupt möglich wird.
Sonntag, 26. Juni 2022
Ein ähnlich heißer Tag beginnt am für die ganze Truppe gut gedeckten Frühstückstisch. Danach machen sich die Fahrer:innen ausgehfertig und düsen – in zwei Gruppen aufgeteilt bzw. sich selber zugeordnet (Blümchenpflücker und Sportler) um 10 Uhr los ins Enduroparadies von Viamaggio und Umgebung. Für drei Stunden waren sie dann nicht mehr zu sehen und zu hören und haben sich auf den Strade biance und Hohlwegen sandig, schwitzig und glücklich gefahren.
Zwei mitgereiste Ladies, die nicht an den Endurorunden teilnehmen, amüsieren sich mit ihren 50er Betas auf dem hauseigenen Parcours. Daniela unternimmt, unterstützt durch das GPS, eine Wanderung durch die ebenfalls hauseigenen Waldwege.
Mittags sind alle wieder zurück und es gibt schon wieder Essen (Carpaccio und Pasta). Dann gibt es ´ne Pause und am Nachmittag eine erneute Endurotour, der sich bei heute 37°C nicht mehr alle anschließen. Die „Zuhausegebliebenen“ lesen, dösen bzw. machen ein Schläfchen oder lassen sich vom aufkommenden Wind durchpusten.
Martin kommt abends zurück, es hat ihm wieder sehr gut gefallen, aber er hat sich den rechten Knöchel gequetscht und ist mit dem nackigen Hals in Dornenranken hängen geblieben. Mal sehen was, v.a. mit dem Knöchel, bis daraus morgen wird.
Montag, 27. Juni 2022
Auch an diesem Tag wiederholen sich die Abläufe: gemeinsames Frühstück, Morgenabfahrt der Fahrer:innen, Wanderung der Daheimgebliebenen … mit dem einzigen Unterschied, dass nach dem Mittagessen wegen der noch heißeren Temperaturen die meisten Teilnehmenden auf die Nachmittagstour verzichten und irgendwo rumdösen.
Dienstag, 28. Juni 2022
Eine willkommene Unterbrechung der paradiesischen Eintönigkeit offenbart dieser Tag. Heute ist Fahrpause und man macht sich auf, das Beta-Werk nahe Florenz zu besichtigen. Die Sonne versteckt sich hinter Wolken, dennoch sind die Temperaturen hoch und das körperliche Empfinden gleicht dem in der Sauna. Somit sind wir froh, die anderthalbstündige Anfahrt über die mautfreie Landstraße in unserem klimatisierten Bus zu unternehmen. Die von Frank S. geführte Werksbesichtigung ist interessant.
Die Zeit ab mittags steht dann wieder für die individuelle Gestaltung zur Verfügung. Wir beschließen, nach einem Cappuccino-Eis-Snack im benachbarten Einkaufszentrum durch das Chianti nach Greve in Chianti zu fahren. Die Fahrt ist nett, doch das Städtchen reißt uns leider auch diesmal nicht vom Hocker: zu touristisch, zu wenig abwechslungsreich. Wahrscheinlich ist eher, dass unsere Augen es einfach nicht schaffen, die Einmaligkeit des Ortes zu erkennen. So nutzen wir auch das gebuchte Parkticket für eine Stunde gar nicht aus, sondern suchen eine hübsche Straße, weiter durch das Chianti-Gebiet auf dem Weg nach Poggibonsi.
Wir befragen Google Maps und das bietet uns für die 27 km als kürzeste Strecke eine bergige Winzstraße über Sambuca an, die wir dann auch nehmen. Wir sind erstaunt, über welch tolle, kurvenreiche, teilweise fast einspurige Sträßchen – vorbei am Castellos, mit wunderbaren Ausblicken ins Land hinein – uns Google hier führt und genießen die Fahrt. Erst hernach bemerken wir, dass wir noch die Einstellung „zu Fuß“ gewählt hatten.
Bevor wir nach Viamaggio „heimkehren“, kaufen wir noch ein wenig Nachschub im Centro Commerciale an der Autobahnauffahrt Poggibonsi Süd ein und befüllen den Benzinkanister mit Nachschub für den Durst der Alp 200.
Mittwoch, 29. Juni 2022
Der Morgen kommt nicht ganz so trooperheiß daher wie die letzten. Im Verlauf des Tages steigert sich das Thermometer noch auf 32°C. Ansonsten präsentiert sich wieder die schon bekannte Choreografie der letzten Tage.
Donnerstag, 30. Juni 2022
Letzter Fahrtag für Martin – er fährt nur die Vormittagstour mit. Volle Kanne flirrende Sommerhitze. Die Begleitdame unternimmt heute eine ausgedehntere Wanderung, teils zwar geplant, aber dann noch verlängert, wegen Sichverirren im Dschungel. Beide sind nach 2,5 Stunden zurück: Martin nach 50km Staubschwaden und Daniela nach 8 km Fußmarsch durch Geröll und Wald.
Nach Dusche und Mittagessen vergeht der Nachmittag mit dem Kärchern und Verpacken der Alp und (schon mal) Anhängen des Trailers … und dann noch mit ein wenig Inslandschauen im nachmittäglichen aufkommenden Wind auf der Terrasse.
Das Abschlussabendessen mit der Gruppe beendet die temporäre Gemeinschaft.
Freitag, 01. Juli 2022
Als wir morgens gegen halb acht Uhr beim provisorischen Frühstücksbuffet aufschlagen, ist der Großteil der Gruppe schon weg. Zwei Bissen und drei Schluck Kaffee und dann sind auch wir weg. Über Florenz geht es gen Norden und am späteren Nachmitttag laufen wir ein auf dem Campingplatz St. Josef in Kaltern am See. Ein kleiner Walk am See entlang dient der Wiederbelebung der Knie- und Fußgelenke. Am Abend gehen wir ins Platzrestaurant und verspeisen jeweils eine prachtvolle Pizza. Die Nacht wird lau, aber auch laut wegen der nahen Bahnstrecke und den Geräuschen der nahen Landstraße.
Samstag, 02. Juli 2022
Heimwärts treibt es uns und es werden dann doch über 800km bis nach Hause. Mehrere Stopps unterwegs erleichtern die Durchheizerei. Am Abend resümieren wir unsere Reiseerlebnisse auf dem heimischen Balkon bei einem Cocktail.