Dienstag, 5. März 2024
Dieser Reisebericht beginnt so wie viele von unseren Reiseberichten. Die Tage der Anfahrt, des Losfahrens liegen bereits hinter uns und nun sitzen wir auf dem Campingplatz Venezia Village vor unserem Bus und genießen bei 16°C die Nachmittagssonne.
Am Samstag sind wir am Vormittag losgefahren, diesmal nur mit dem Bus, ohne Anhänger, ohne Motorräder, ohne E-Bikes. Endlich, endlich nach langer Reiseabstinenz - wegen der langandauernden Erkältungswellen bei uns und wegen Hedis Unfall im Dezember – geht es gen Süden. Wir haben vor, den italienischen Stiefel hinabzugondeln. Samstag kamen wir bis Ingolstadt und pausierten wieder auf dem günstig gelegenen (weil Altstadt nah) und auch günstig bezüglich der Bezahlung (=1,20€) städtischen Stellplatz am Hallenbad. Sonntag sind wir dann bis zu einem unserer Lieblingscampingplätze, dem Santa Felicita am Fuße des Monte Grappa, gekommen und haben abends in der L´Antiqua Abbazia diniert. Über kleine, mautfreie – aber auch recht unansehnliche ? Sträßchen kamen wir dann gestern Nachmittag auf dem Campingplatz nahe Venedig an.
Freundlicherweise hat sich der bis dahin anhaltende Regen dann zurückgezogen und wir sind ausgestattet mit einem 24 Stunden Ticket mit dem öffentlichen Bus nach Venedig reingefahren. Mit dem Vaporetto bis zum Markusplatz geschippert und durch die Gässchen und über die Brücken über Kanäle durch das sanfte Nachmittagslicht durch die immer wieder bezaubernde Stadt gelaufen.
Am Abend dann ein ordentliches Mahl im Campingrestaurant – einziger Mangel: die haben keinen offenen Rotwein, „nur“ offenen Prosecco – aber damit kann man leben.
Heute sind wir dann nach dem Frühstück wieder mit dem Bus zur La Serenissima gefahren und diesmal mit der Vaporettolinie 1 durch den ganzen Canale Grande unter der Rialtobrücke hindurch bis zum Lido di Venezia, der Nehrung vor der Stadt, die Strand und Halligalli im Sommer bietet. Jetzt ist´s ein bisschen fad dort, einige Cafés haben offen, aber großartig was zu Gucken gibt es nicht. Also zurück mit dem Vaporetto bis zum Markusplatz und wieder Treibenlassen durch die Gässchen. Man wird ja vor lauter Schönheit der Stadt ganz meschugge im Kopf.
Mittwoch, 6. März 2024
So nun ist der Venedigbesuch Geschichte und wir fahren ab und düsen die knapp 50km bis Chioggia gen Süden. Vielversprechend wird das Städtchen als „Klein-Venedig“ angepriesen, als optisches Schmuckstück. Das kann es dann bei unserem Rundgang nicht wirklich halten. Ein durchaus belebtes Örtchen, vor allem die miteinander plaudernden Menschen auf der Straße machen auf uns einen zufriedenen, weil kommunikativ aktiv, Eindruck. Das offensichtliche Touristische, wie es einem in Venedig an jeder Ecke begegnet, fehlt hier gänzlich. Einzig der Fischmarkt, bei dem die fetten Möwen frech auf die begehrten Fischabfälle jiepern und in Reih und Glied auf den Pfählen warten, zaubern ein Lächeln in das Gesicht der Besucher.
Den vormittäglichen Spaziergang und Cappuccino hatten wir und ziehen mit unserem Bus weiter 200km auf der mautfreien Strecke bis zum Campingplatz von San Marino. Da der kleine Staat auf über 650müM liegt ist es dort auch erheblich kühler als in der Ebene – nur ca. 10°C.
Wir nutzen nach Bezug des Stellplatzes die Zeit und fahren mit dem ÖPNV für 1,20€/Ticket hinein in die historische Altstadt. Die Sonne lacht, es ist saukalt und die Tagestouristen – soweit sie heute überhaupt hier waren – sitzen längst hinter ihrem häuslichen Kachelofen. Wir stromern als lonesome cowboys durch die ausgedehnte, wohl gepflegte Burganlage, aber das Feuer der Begeisterung erreicht uns erst als wir im beheizten Bus gen Heimat= Campingplatz sitzen.
Abends wird dann noch gut gefeiert: ein nettes Telefonat mit Freunden und ein fürstliches Mahl im Campingrestaurant (Lammkoteletts mit Kartoffeln und Nudeln mit Kichererbsen und Venusmuscheln plus Limoncello und Minikuchen als Gruß aus der Küche) und zum krönenden Abschluss eine wohlige Nacht im Aufstelldach, das die wärmende Cali-Mütze wegen der Kälte übergezogen bekommen hat.
Donnerstag, 7. März 2024
Am späteren Vormittag ist alles zusammengepackt und wir gönnen uns als Lüstling vor der Weiterfahrt gen Süden, dem örtlichen Outlet-Center noch einen Besuch abzustatten. Komische Atmosphäre herrscht dort: sehr aufgeräumt, kaum Menschen unterwegs, Musikberieselung all überall. Nach einer knappen Stunde geht es – bepackt mit je einer Einkaufstüte – dann auf die Weiterfahrt. Entlang der Adria geht es gut sechs Stunden und knapp 500km auf verhältnismäßig langweiliger, sich ziehender Strecke – mit Pausen – bis nach Manfredonia am Stiefelsporn.
Die letzte Dreiviertelstunde der Fahrt entschädigt für Vieles: ein wunderbar klares Licht, ein Licht, das alles in Pastell eintaucht und alles fast wie ein Gemälde wirken lässt, rosa beschienene Wolkenberge, eine Landschaft, die sich nicht entscheiden kann, ob sie als weite Leere oder unendliche Weiten benannt werden möchte – und zu allem Überfluss ein riesengroßer Regenbogen.
Dann kommen wir auf dem schon fast zu´en Campingplatz an, ein kleiner, indisch anmutender Mensch nimmt freundlich unsere Persos entgegen und verweist ansonsten auf morgen. Ein bisschen Hippieland: freie Wahl des Stellplatzes, einfachste (aber saubere) Sanitäranlagen, Meeresrauschen und -blick in 50m Fußläufigkeit. Ein Paradies, für Camper, die das Ursprüngliche suchen – ohne viel Glitter und Gloria. Dem getarnten Luxusweibchen gefällt´s nur mäßig.
Der Abend endet befriedet mit einer Pizza da asporto und mehreren Schluck Grappa im warmen, weil beheiztem Bus.
Freitag, 8. März 2024
Internationaler Frauentag und zuhause ist´s sogar ein Feiertag. Morgens lacht die Sonne ein breites Grinsen und trotz kühler Temperaturen (12°C) macht der kleine Spaziergang zum Meer Spaß. Aber wir haben uns entschlossen, hier doch nicht länger zu bleiben, obwohl, so bei Sonne und Tageslicht betrachtet, der Hippiecampingplatz durchaus was hat.
Wir fahren gut 80km weiter bis nach Melfi. Die kleine geschichtsträchtige Stadt, deren Bedeutung im Mittelalter über die Venedigs und Roms reichte, lässt sich gut zu Fuß erkunden. Wir steigen ächzend über die schwarzen Granitsteinplatten, die den Straßenbelag bilden, hinauf bis zum über der Stadt thronenden trutzigen Kastell. Die Lust auf Museumsbesuche ist nicht so sehr ausgeprägt bei uns, so dass unser Rundgang nach einer Stunde endet.
Unser Weg geht dann weiter – etwas über 100km – nach Matera. Wir gleiten zwischen Apulien und Basilikata durch eine Landschaft, die durchaus der Toskana ähnelt – nur ohne Zypressen. Grüne, sanfte Hügel und jede Menge Landwirtschaft.
Wir erreichen die Ausläufer Materas am Nachmittag und steuern ein Agriturismo am Stadtrand an, das über 20 Stellplätze und ein angeschlossenes Restaurant verfügt. Den restlichen Nachmittag verdödeln wir mit in der Sonne sitzen, am Wein nippen, duschen und lesen. Fühlt sich ja echt wie Urlaub an.
Samstag, 9. März 2024
Gestern Abend haben wir im Agriturismo-Restaurant gespiesen: wir waren die einzigen Gäste dort. Das Wirtsehepaar begab sich ebenfalls in die Gastrolle, inklusive Handydaddeln und dem brüllenden TV zugucken. Einzig die unsichtbare Person in der Küche und der dem Slapstick zugetane Kellner umtuttelten uns Gäste sorgsam. Es war fast wie Schauspieler in einem Theaterstück zu sein, eine Posse. By the way: das Essen war vorzüglich.
Es folgten ein netter Filmeabend im Bus und eine ruhige Nacht: thanks god for the electric heating!
Heute Morgen war es kalt und nieselig, aber wir, ganz tatenfreudig, standen Punkt 9:30Uhr vor dem Rezeptionsgebäude, um von einem Turbanmütze tragenden Italiener im Kleinbus nach Matera Citta geshuttelt zu werden. Die ganze Fahrt über hatte er eine Hand am Lenker und in der anderen sein Smartphone, in das er, wahrscheinlich oberwichtige, Sprachnotizen aufnahm. So viel zum Thema Verkehrsregeln.
An einem markanten Punkt in Matera wirft er uns raus, von dort werden wir mittags auch wieder abgeholt. Nach 100m die Straße entlang breitet sich das faszinierende Matera Sassi vor uns aus.
Die nächsten drei Stunden wandern wir durch die Steingassen hinauf und hinunter, bewundern die teilweise seit Jahrhunderten existierenden, in beigem Tuffstein gehaltenen, Häuser. Viele sind verfallen, viele wurden wieder hergerichtet und in etlichen haben sich – bereits seit Jahren – Ateliers, kleine Geschäfte und jede Menge B&Bs eingenistet. Wir gucken uns auch Palombardo Lungo an, die größte Zisterne der Stadt und ein kleines Museum, das eine der Wohnhöhlen der früheren Jahre nachbildet. Schon sehr eindrücklich, wie da die Menschen zum Teil zu neunt plus Esel, Schweinen und Hühnern auf allerengstem Raum gelebt haben.
Am Abend geht es dann wieder ins Skurrilitätenrestaurant: der Slapstickkellner schnippelt noch bei Handytaschenlampenschein im Dunkeln im Vorgarten Kräuter und beschwichtigt die bettelnden Katzen, dass das doch nichts für sie wäre … Wir sind dann wieder die einzigen Gäste, der TV brüllt wieder eine Gameshow vor sich hin und wir speisen wieder prächtig. Was will man mehr?
Sonntag, 10. März 2024
Am nächsten Morgen reisen wir ab und statten Matera noch einmal einen zweiten Besuch ab, da wir gestern den Stadtteil Sassi Cavernoso vernachlässigt haben. Wettermäßig ist es außerordentlich unwirtlich: grau und kalt. Aber die kleine Erkundung des von Höhlen dominierten Stadtteils Maternas hat sich gelohnt und wir haben gleich mal den Morgensport inkludiert (treppauf, treppab).
Wir haben – teils aufgrund des niedrigen Temperaturen und den auch auf Sizilien nicht höheren – beschlossen, unsere Reiseroute abzuändern: nicht Ziel gen Sizilien, sondern ganz gemächlich den Stiefel abzufahren und nun auch den „Absatz“ zu erkunden. Witzigerweise haben wir einen Reiseführer von Kalabrien und Basilikata dabei, aber keinen von Apulien. Gottseidank schenkt das Netz uns entsprechende Tipps und Hinweise. Damit geht es nun weiter bis nach Gravina in Puglia. Dort schauen wir uns nach abenteuerlichem Einparkmanöver die römischen Reste an, die in der Stadt zu besichtigen sind.
Und weiter geht es über eine erstaunliche Landschaft 100km nach Osten: satte grüne Wiesen sind eingesäumt von brusthohen Steinmauern – fast sieht es aus wie in England, nur dass Olivenbäume auf den Wiesen stehen. Und es mehren sich die Trulli, die runden Hütten mit den kegelförmigen Steinplattendächern, die an diesen Mauern, den Grundstücken stehen. Untrügliches Zeichen, das wir uns Alberobello, der Trullistadt nähern. Dort haben wir vor dem Stadtrundgang noch Wichtigeres zu tun als wir entdecken, dass anscheinend die Voll-Anzeige der Bordtoilette nicht mehr korrekt anzeigt: sie läuft aus. Also fahren wir erstmal schnell den kommunalen Stellplatz an und dürfen gegen Minientgeld entsorgen. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Nun steht dem Trulli-Stadtrundgang nichts mehr im Wege.
Auch wenn sich, Alberobello mittlerweile zum Touristenmagneten entwickelt hat, bleibt das Städtchen doch hübsch anzusehen und die Häuser sind wirklich eine Augenweide.
Als sich der Abend ankündigt, schnappen wir uns unseren Bus und fahren die paar Kilometer zum stadtnahen Campingplatz, der sich dann entgegen der Internetaussage doch als (noch?) geschlossen zeigt. Was tun? Wir kehren also zurück zum kommunalen Stellplatz und entrichten den Obolus für eine Nacht und parken unter uralten Olivenbäumen. Der spätere Fußweg in die Stadt ist kurz und die nette Pizzeria schnell gefunden.
Zufrieden mit der Bewältigung der Herausforderungen des Tages plumpsen wir wegen der herrschenden starken Windböen in die Schuhschachtel (Erklärung: der innere Schlafplatz, ohne Aufstelldach) und träumen süße Trulliträume.
Montag, 11. März 2024
Morgens hat sich der Wind gelegt und die morgendliche Sonne lädt ein, noch ein paar schöne Fotos von dem zur frühen Morgenstunde noch touristenleeren Alberobello zu schießen.
Über die englische Steinmauerumgebung geht es dann weiter bis nach Lecce.
Zu Lecce haben wir gelesen, dass man es einfach gesehen haben muss bei einer Apulienrundreise – v.a. wegen des hellbeigen, leccischen Barock: das Florenz des Südens. Wieder von uns hinterher ein „Naja – übertreiben kann man ja auch“. Ja, Lecce ist als Ensemble wirklich hübsch, aber in spitze Begeisterungsschreie brechen wir auch nicht aus. Wir erkunden die Altstadt bei einem ausgedehnten Spaziergang, bei dem es viel zu fotografieren gibt. Auch ein „echter“ Banksy findet sich.
Am Nachmittag kommen wir dann nach einer guten halben Stunde Fahrtzeit am unteren Ende des Stiefelabsatzes am Golf von Tarent auf dem Campingplatz La Masseria, nahe der Stadt Gallipoli an. Wir haben noch Zeit, eine Waschmaschine anzuwerfen und der wieder aufgekommene tosende Wind zottelt hernach an den Wäschestücken an der Leine.
Der Wind und der Wellengang des unmittelbar benachbarten Meeres verursachen beachtliche Dauerbeschallung. Wir sind zunächst ganz froh zu hören, dass das dem Campingplatz angeschlossene Restaurant heute offen hat. Sind dann aber entsetzt bis enttäuscht, als wir dort speisen: vier riesengroße TV-Leinwände, überaufgedrehte Lautstärke von Musikberieselung, luschige Kellner … Essen war gut, aber überteuert … und das Ganze im Lichte von Chic-Mick-Restaurant. Jetzt sind wir froh, dass es morgen Ruhetag hat.
Dienstag, 12. März 2024
Heute gibt es nicht nur für das Restaurant am Platze Ruhetag, sondern auch für uns. Wir bleiben noch einen Tag. Am Morgen ist es windig, aber sonnig und halbwegs warm: wir können draußen frühstücken. Später Spektakel auf dem Campingplatz als ein Hund eines deutschen, älteren Camperpaares plötzlich im Arm eines anderen Campers hängt. Lautes Aua ist über den Platz zu hören, Blut tropft auf den Kies.
Wir verlassen mittags den regionalen Krimi und tapern die rund 3,5km am Strand entlang hinein nach Gallipoli und erkunden nach der Brücke über den Meeresarm die kleine Altstadt und speisen mittags fürstlich bei Tagliatelle mit Meeresfrüchten. Heimzu dann wieder entlang der Landstraße bis zum Campingplatz und die 20.000 Schritte sind längst geschafft.
Mittwoch, 13. März 2024
Bis 10:00Uhr müssen wir weg sein vom Campingplatz, das schaffen wir locker. Es geht entlang des Golf von Tarent bis zu einer Düne, die wir für einen kleinen Strandspaziergang nutzen. Es fällt auf, dass an diesen Sommerorten, das öffentliche Leben zu der jetzigen Zeit komplett ruht.
Weiter geht es dann zum Museo Vino Primitivo in Manduria. Dort haben wir keine Tour und keine Verköstigung gebucht, daher nur ein kleiner Rundgang. Wir verzichten darauf, den köstlichen Wein im 5l-Kanister an den Weintankstellen (der Liter für 1,20€ bis 2,80€) abzufüllen und mitzunehmen, denn der wird nicht alle bei uns bevor er umkippt.
Nun gibt es eine längere Etappe übers Landesinnere, nach Craco. Die alte Geisterstadt, verlassen Ende der 80er Jahre nach Erdstößen, liegend auf knapp 400müM, zeigt sich uns ganz individuell – heißt nur für uns, heißt keiner sonst da ? und verströmt ihren ganz morbiden Duft, wegen der Sichtbarkeit des ehemaligen Lebens hier, wegen des Verfallens der einst prächtigen Gebäude und wegen der schwarzen Raben, die hier allover krächzen.
Wir lassen uns über die Kurvenstraßen wieder hinuntergleiten bis zum Meer, verzweifeln fast über die Interpretation der Einheimischen zu Verkehrsregeln und Tempolimits, aber gelangen dann am frühen Abend zum (einem der wenigen offenen) Campingplatz Onda Azzurra und genießen den Abend im sympathischen Campingrestaurant bei nettester Bewirtung.
Donnerstag, 14. März 2024
Eigentlich hätten wir länger bleiben können auf dem Campingplatz Onda Azzura … ist echt nett hier. Vor allem ist´s immer so ungewiss, ob wir hier so tief im Süden und so früh im Jahr einen offenen Campingplatz finden. Und es gibt drei wesentliche Faktoren für die Nächtigungen: Zugang zu Strom (Beheizen des Innenraums und der Heizunterdecke für die Nacht), Zugang zu einer Toilette und vorhandenes, offenes Restaurant. Für jeden der drei Faktoren gibt es bei Nichtvorhandensein Alternativpläne (mit Mütze, Socken schlafen, Plastiktüte über der Porta Potti, selber kochen bzw. kalte Mahlzeit), aber es freut uns doch und erleichtert, wenn wir mit einem Campingplatz nicht die Alternativen wählen müssen.
Wir verlassen also die „Blaue Welle“ vormittags um 10Uhr und tigern Richtung Süden bis nach Rossano. Im Reiseführer ist der – alte – Ortsteil als besonders sehenswert wegen der byzantinischen Kirche und dem Gesamtambiente empfohlen. Kurvige Straßen führen hinauf auf 275müM, der Bus wird in einer noch gerade befahrbaren Straße (weil Enge) geparkt und wir ächzen die Gassen des Städtchens per pedes hinauf. Leider ist das byzantinische Kleinod viel kleiner als wir es uns vorstellten und von Baugerüsten und -arbeitern umringt, so dass es nicht mal fotografiert werden kann. Also ächzen wir weiter durch engste Gassen immer treppauf und treppab, die Waden brennen bereits, und suchen den Dom.
Als wir unsere sportlichen Aktivitäten in Rossano beenden und mit unserem Bus das nächste Ziel – mit Hilfe des Navi – ansteuern, führt uns selbiges wegen gesperrter Straße (s.o.: Bauarbeiten an der byzantinischen Kirche …) durch „hautenge“ Gassen – mit Gegenverkehr – und der arme Bus schlängelt sich mit eingezogenen Öhrchen ganz zaghaft an den Hausmauern raus aus dem Ort.
Es bleibt abenteuerlich: Nächstes Ziel ist Lungobucca, ca. eine Stunde entfernt in den Bergen. Die zuführende Straße ist zerhauen wie´s nur geht: Asphaltlöcher von der Größe eines Kinderpools, Steine auf der Straße, teilweise reine Sand-Kiesfläche. Zu allem Überdruss kündigt ein Straßenschild an, dass bei Kilometer 20 die Straße komplett gesperrt ist. Was tun? Dem glauben oder erstmal gucken gehen/fahren, was Phase ist? Wer uns kennt, weiß, dass wir Variante 2 wählen.
Bei Kilometer 20 erblickt man eine teilweise eingestürzte Brücke, vom Steinschlag kaputt gegangen. Als wir noch rätseln, kommt aus der Gegenrichtung ein PKW an, der langsam über den Restasphalt der Brücke fährt. So tun wir´s dann auch … und stürzen nicht ab.
Lungobucca liegt auf 800müM und es ist kalt da oben. Wieder stiefeln wir – diesmal noch steiler – bergauf durch die tristen Gassen des Ortes. Oben über dem Ort angekommen, gibt es dann als Belohnung auch des Fotomotiv über die Dächer der Stadt.
Das war´s aber dann mit Lungobucca: zumindest nachmittags um 15:45Uhr Mitte März hat hier nichts offen, kein Laden, kein Museum, keine Bar (also auch kein Espresso für uns). Tschüss … wir fahren … wieder runter ans Meer. Da ist´s wärmer und wir finden den echt niedlichen Campingplatz Mario Village. Die Rezeption hat bereits zu als wir kommen. Wir stellen uns trotzdem hin zu den anderen fünf bis sechs Campern und werden uns morgen Früh anmelden. Wir glauben, dass ist eventuell der Campingplatz, auf dem wir im Dezember vor 11 Jahren schon einmal waren, damals auf dem Weg nach Sizilien.
Abends gehen wir ins nette angeschlossene Restaurant und verspeisen sehr viel Fisch – lecker und keine der drei oben genannten Alternativen kam heute Abend zum Einsatz.
Freitag, 15. März 2024
Keine kalte Nacht, ein sonniger Morgen, Frühstück draußen vor dem Bus – sogar die frischen Panini werden morgens direkt ans Womo geliefert – was will man mehr? Dann wird erstmal der Tochter zuhause per Textnachricht mit Emojis gratuliert zum Geburtstag und man wundert sich, wo die letzten 36 Jahre geblieben sind.
Gegen 10Uhr brechen wir auf, um mit dem Bus ein paar Orte in der Gegend, die wir als sehenswert markiert haben, zu besuchen. Den Anfang macht Ciro, die Weinstadt. Touristisch weitgehend unberührt liegt die Marina mit den Fischer- und Sportbooten im Sonnenlicht. Gruppen von italienischen, älteren Männern, die sich im Vorbeigehen wie Vito Corleone anhören, schwadronieren über das Alltagsgeschehen. Ansonsten wirkt das Städtchen auf uns eher unspektakulär. Nach einem Cappuccino fahren wir ins Landinnere zum gut 15km entfernten alten Ortskern von Ciro. Wunderschöne Landschaften mit Wiesen, die überdeckt sind mit gelb blühenden, wilden Blumen und auf denen uralte, knorrige Olivenbäume stehen und von Kakteenhecken begrenzt werden, erstrecken sich, wohin das Auge blickt.
Ein Grundbesitzer hat sich einen sehr originellen Zaun einfallen lassen, den wir natürlich auch fotografieren müssen.
Hoch oben über dem originalen Ciro thront eine altes – ziemlich heruntergekommenes – Kastell. Enge, steile Gassen durchziehen den Ort. Aber auch hier kann man nicht davon sprechen, dass die Häuser gut in Schuss wären.
Wir orientieren uns ja bei der Wahl der zu besuchenden Orte einerseits an chicen Beiträgen, die wir in Reisedokumentationen gesehen haben und zum anderen, an den im Reiseführer beschriebenen Highlights. Aber nicht immer sieht es dann in der Realität so aus, wie in der Hochglanzankündigung … zum Teil liegt es auch daran, dass jetzt, Mitte März, noch vieles nicht auf hat (Museen, Märkte …), aber zum weiteren liegt es auch daran, dass ein winziges Detail (ein Weinbauer, eine Kunstwerkstatt, ein Spezialitätenrestaurant …) gehypt wurde und das allein nicht ausreicht, um einen Ort attraktiv zu machen. Uns gefällt die Landschaft und Details, von denen wir vorher nichts wussten, aber die zehnte normannische Burg und das achte „ursprüngliche“ Dorf mit steilen Gässchen – vom Tourismus noch nicht entdeckt, kann uns dann auch nicht mehr zu Freudenschreien motivieren.
Wir lassen dann doch das eine oder andere aus, finden aber noch eine echte Schönheit: Santa Severina, mit imposantem (ja, normannischen) Kastell und einem hübschen, ovalen Platz. Aus der Ferne sieht die Stadt auf einem Berg gelegen, wie ein steinernes Schiff aus, das versehentlich auf einer Bergspitze aufgelaufen ist.
Den späteren Nachmittag verbringen wir in der Sonne auf dem Campingplatz und sehen am Abend am Meer der Sonne beim Untergehen zu.
Samstag, 16. März 2024
Wir glauben nun, es ist wirklich der Campingplatz, den wir im Dezember vor 11 Jahren – für eine Nacht – besucht haben: jedenfalls ist es auch diesmal so, dass wir schier endlos (oder anders gesagt: in unendlicher Gelassenheit der Betreiber) auf die Abrechnung warten.
Das Ziel des Tages ist es, weiter unten im Süden einen (zu dieser Zeit) offenen Camping- oder Stellplatz zu finden und das ist gar nicht so einfach. Nachdem wir die Infos aller möglichen Apps verglichen haben, haben wir uns für einen Platz in Bianco entschieden: 240km gen Süden an der Küstenstraße entlang. Doch diese 240km ziehen sich über den ganzen Tag, man kommt nicht so recht voran. Und spannend ist die Landschaft hier auch nicht gerade. Endlose, echt schöne Strände sind links von uns über viele, viele Kilometer zu sehen. Leider sind diese schönen Strände nicht wirklich touristisch hergerichtet und das ist hier das Dilemma: es fließt nicht wirklich Geld ins kalabrische Küstengebiet oder es kommt nicht an. Viele Bauruinen scheinen dies zu belegen.
Wir pausieren zweimal: einmal in Squillace: hier ruht der für seine Keramikwerkstätten bekannte Ort in der Mittagspause und einmal bei dem archäologischen Park bei Borgia.
Nachdem wir auf dem Stellplatz in Bianco angekommen sind und zwischen unzähligen, weißen Ungetüm-Womos unser Autochen platziert haben, diskutieren wir den von uns empfundenen Frust bezüglich der sich endlos hinziehenden, aber wenig abwechslungsreichen Tagesetappe. Eine wirkliche Lösung haben wir nicht: was tun, wenn zu dieser Zeit viele der Campingplätze gar nicht offen haben und die möglichen weit auseinander liegen? Was tun, wenn die hiesige Logistik zu dieser Jahreszeit nicht mehr hergibt als immer wieder eine mittelalterliche Burg auf einem Berg und geschlossene Geschäfte, Bars etc.? Was tun, wenn die Temperaturen hier Mitte März vielfach noch erheblich kühl sind?
Vielleicht erhalten wir noch Inspirationen oder entwickeln selbst gute Ansätze …
Abends laufen wir ins Örtchen hinein und speisen sehr gut bei einem von Einheimischen gut besuchten Restaurant.
Sonntag, 17. März 2024
Heute geht es ohne Frühstück am Platz bereits gegen 9Uhr weg von Stellplatz. Unser Ziel ist Reggio Calabria ganz an der Spitze des Stiefels. Dieses Mal gestalten sich die 80km entlang der Küste spannender: die Bahnlinie verläuft direkt zwischen uns und dem Strand, Klippen, Strände und sehr kurvige Straßen umrahmen die Kulisse.
Leider setzt in Reggio Calabria heftiger Regen ein, als wir unseren Bus an der berühmten Küstenstraße Lungomare abstellen. Also beschließen wir, erstmal ins Nationalmuseum zu gehen, um die zwei Meter großen Bronzestatuen „Bronce Riace“ zu sehen – und wir sind very much impresssed.
Der Regenradar behält leider nicht recht und es regnet weiterhin heftig, als wir aus dem Museum kommen. Martin schreit laut den Wettergott an, um seinem Unmut Raum zu geben. Aber Selbiger lässt sich nicht so leicht von der geballten Flucherei beeindrucken und gibt erst eine Stunde später der lieben Sonne ein Fensterchen, um am Himmel zu erscheinen. Dieses nutzen wir dann um den „schönsten Kilometer Italiens“ zu belaufen. Besonders beeindruckend sind die uralten, riesengroßen Ficusbäume.
Dann geht es noch eine halbe Stunde weiter – um die Stiefelspitze herum – bis nach Scilla, dem Odysseus Ort, an dem sechs seiner Gefährten vom Monster verschlungen wurden. Eine kurze Regenpause erlaubt sehr schöne Ausblicke auf das Kastell.
Heimwärts geht es dann übers Landinnere über die Berge. Nachdem ein Campingnachbar uns vor der angekündigten Pizzaparty am Platz (Plastikbesteck und -teller, kein Wein, nur Bier und kalte Pizza) gewarnt hat, verzichten wir darauf und gehen wieder zu dem Restaurant von gestern. War eine gute Wahl.
Montag, 18. März 2024
Wir verlassen den Stellplatz in Bianco am Morgen und machen unsere Einkäufe in einem, ein paar Kilometer entfernten, chicen Einkaufszentrum. Bis zum ersten Ziel sind es nur noch knapp 40km. Roccella Ionica präsentiert sich als hübsches, unprätentiöses Örtchen mit wunderbarer Strandpromenade, hübschen Plätzen und einem (leider geschlossenen) Kastell hoch über dem Ort. Alles wirkt – im Gegensatz zu vielen anderen Orten in Kalabrien – sehr aufgeräumt, sauber und schmuck.
Nach der kurzen Zwischenstation geht es nun quer über den „Stiefelspann“ auf die andere Seite zum Tyrrhenischen Meer. Die Navigation führt uns zum Teil über engste, kurvige Straßen – manchmal bleibt zumindest der Beifahrerin der Atem stecken ob der Schmalheit der Streckenführung. Die eine oder andere Stadt, hoch oben auf einem Berg sitzend, winkt uns freundlich zu.
Die Kurven spucken uns wieder aus am Capo Vaticano: Klippen über dem Tyrrhenischen Meer. Ein Wanderweg, der mit fetten Kakteen gesäumt und voll des süßen, betörenden Duftes von gelb und lila blühenden Büschen und Pflanzen ist, führt hinab zum Meer. Irgendwelche Superschlaumeier haben ihre Initialen in die dickfleischigen Blätter der Kakteen geritzt (sowohl 1993 als auch kürzlich im Februar 2024 – sie sterben also nicht aus die Schlaumeier). Man muss aufpassen, dass man sich gut vorbeischlängelt an den dornigen Freunden.
Die restlichen Kilometer bis Tropea sind schnell gemacht und der örtliche Stellplatz auch fix bezogen. Wir steigen die steilen Stufen zur Altstadt hinauf und finden am Nachmittag eine Bar, die uns einen Negroni serviert.
Am Abend finden wir nur mit Hilfe einer alleinreisenden, älteren Italienerin, die ihren Bully neben uns geparkt hatte, hinaus aus dem mittlerweise zu´n Platz: sie gestikuliert und radebrecht mit uns, um zu verdeutlichen, dass man das vermeintlich geschlossene, schwere Tor doch aufschieben kann, um noch in das nahe gelegene Lokal zu gelangen.
Dort sind wir – wie oft - die einzigen Gäste. Skurriles Szenario: Mitglieder der Wirtsfamilie, die sich selbst Pizza backen, die „Alten“ am Tisch, alle gucken auf TV, zu späterer Stunde wird der anscheinend behinderte Bruder gebracht. Die ganze Familie ist laut und herzlich und ordentlich im Kontakt zueinander.
Dienstag, 19. März 2024
Der Padrone des Platzes steht morgens um 8Uhr in kniehohen Gummistiefeln, einen fetten Schlauch in der Hand und spritzt den ganzen Sanitärbereich ab, so dass man ihn erstmal nicht benutzen kann. Sehr viel anheimelnder wird der Wasch- und Toilettentrakt dann leider auch nicht: die fehlenden Spiegel und Klobrillen, die winzigen Waschbecken mit kalter Wasserzufuhr umrahmen die Minimalausstattung des Platzes. Aber wer sagt denn auch, dass man sich jeden Tag waschen müsste.
Am Vormittag trullern wir auf kleinsten Straßen entlang der Küste eine knappe Stunde bis nach Pizzo. Wir deuten ein Verkehrsschild falsch und fahren hinein ins Gässchengewirr des Ortes, finden kaum raus und merken erst hinterher, dass wir verkehrswidrig in eine „Zona traffico limitata“ gefahren sind. Martin macht das noch eine Zeitlang Kopfschmerzen.
Als dann der Bus doch noch regelgerecht auf einer Parkfläche abgestellt ist, laufen wir durch das Städtchen und nehmen auf der zentralen Piazza della Repubblica mit Blick auf das mächtige Castello Murat ein verspätetes Frühstück ein.
Zwei Kilometer außerhalb von Pizzo liegt die anrührende Chiesa Piedigrotta: man steigt Stufen hinab zum Strand und besichtigt dann gegen einen Obolus eine Grotte, in der zu Ehren Marias kleine Tuffsteinfiguren in Anbetung stehen. Wir die einzige Leute dort.
Nun geht es nach Cosenza, der heimlichen Hauptstadt Kalabriens. Zu Beginn der Mittagszeit herrscht hier ein mörderischer Verkehr (wollen die denn alle schnell heim zum Pranzo?) und es gelingt uns nur mit Mühe, überhaupt einen Parkplatz zu finden. Wir spazieren dann den eleganten Corso Mazzini entlang, der allein schon wegen der Vielzahl der aufgestellten Skulpturen berühmter Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts beeindruckt.
Unsere letzte Etappe des Tages führt uns über die Berge durch den Nebel dann wieder zurück zur Küste und wir landen bei Diamante auf dem Stellplatz Lido Tropical. Jetzt haben wir nur noch die Aufgabe, mit einem Weinglas in der Hand den Sonnenuntergang am Meer zu beobachten.
Mittwoch, 20. März 2024
Gestern Abend sind wir noch die 1,5km nach Diamante reingelaufen, vorbei an mehreren Siedlungen von Ferienwohnungen, die jetzt alle mit geschlossenen Fensterläden leer und verlassen auf den Sommer warten. Ähnlich wie in vielen Gebieten an den Küsten in Spanien ist es schon – ja wie soll man sagen? – erschreckend, dass nur für die Zeit Anfang Juli bis Anfang September all diese Wohnungen und auch diese Orte belebt und bewohnt sind. Den Rest des Jahres ist Dunkeltuten.
Naja … wir finden jedenfalls eine offene Pizzeria, in der auch mehrere Einheimische dinieren und haben einen netten Abend dort.
Nach einer nicht sehr kalten Nacht erwartet uns ein sonniger Morgen. Wir statten Diamante noch einen morgendlichen Besuch ab, schließlich wollen wir die „Murales“ sehen für die das Städtchen bekannt ist.
Da die Straße, die direkt am Meer entlangführt, gesperrt ist – wohl wegen Steinabgängen – müssen wir eine nehmen, die in vielen Kurven über die Berge führt bis nach Maratea. Von dem Ort haben wir uns mehr versprochen. Letztendlich stimmt´s aber doch, was im Reiseführer steht: „die Altstadt als Gesamtkunstwerk“ – aber halt nicht mehr als das. Am romantisch anmutenden Hafen sitzen wir dann mittags noch in der Sonne bei einem kleinen Imbiss.
Dann geht es zurück dieselbe Straße, die wir gekommen sind und wir beziehen nur 20km südlicher als der Platz gestern, wieder Quartier auf einem Stellplatz – diesmal in Scalea. Ob der sehr einfachen Sanitäranlage bekommt ein Part des Reiseduos dann leider einen kleinen Koller (der aber auch wieder abebbt nach einer Weile).
Am Abend dann Besuch des nur 100m am Strand entfernten Restaurants „La Perla del Tirreno“ – wir sind auch dort wieder die ersten (später dann nicht mehr die einzigen) Gäste. Wir werden innigst umsorgt von der Chefin und Enzo, einem etwas Deutsch sprechenden Kellner und genießen das letzte, sehr fürstliche kalabrische Abendessen im Meeresfrüchterestaurant.
Donnerstag, 21. März 2024
Der Platz, an dem wir standen, war echt schön, aber die Sanitärbedingungen schon auch sehr herausfordernd. Morgens bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir die Küste und fahren hinauf in die Berge bis nach Morano. Es sind nur ca. 40km bis dahin, aber gut 650 Höhenmeter zu überwinden. Morano ist ein visuelles Schmankerl und es gibt dort einen guten Kaffee.
Wir wollen uns noch ein wenig im Nationalpark Pollino herumtreiben und fahren hinauf bis auf 1500müM zum Colle dell´ Impiso. Kahle Buchenwälder und Reste von Schnee umgeben uns, aber auch lila blühende Wiesen, übersät mit dem Crocus Sativa, aus dem die kostbaren Safranfäden geerntet werden.
Dann verlassen wir Kalabrien endgültig für diese Reise und begeben uns 85km nördlich bis Padula. Hier waren wir schon einmal vor sechs Jahren, haben aber damals überhaupt nicht die – als UNESCO-Weltkulturerbe eingetragene/gelistete – Kartause von Padula, dem Kloster San Lorenzo, registriert. Heute nehmen wir uns die Zeit, um die wahrhaft mächtige Anlage zu besichtigen. Teilweise erinnern uns die Ausmaße der Anlage an die Alhambra in Grenada.
Den Abend beschließen wir – wie vor sechs Jahren – im Agriturismo Tre Santi. Wir sind diesmal hier die einzigen Gäste. Ganz so begeistert wie vor sechs Jahren sind wir diesmal nicht. Ist schon alles okay hier, aber eben auch nur ein mögliches Geschäftsmodell.
Freitag, 22. März 2024
Ciao Calabria, Basilikata und Campania! Alle Wege führen nach Rom und so der unsrige heute auch. Knapp 400km kollern wir über die Autobahn gen Norden und landen am Nachmittag auf dem, für uns schon wie ein alter Bekannter oder Freund, Campingplatz Village Flaminio. Alles aufgebaut, eine Maschine Wäsche gewaschen und aufgehängt und dann geht es mit der Regionalbahn hinein nach Rom. 21°C prasseln auf uns runter und wir sind wirklich glücklich, wieder in dieser schönen Stadt zu sein. Schön, chaotisch und laut.
Schnurstracks führt uns unser Weg zum lokalen Store eines Regenjackenausstatters und der weibliche Teil des Duos ersteht, unter Beratung des männlichen Parts, eine, der seit dem Venedigbesuch vor knapp drei Wochen im Kopf geisternden, Jacke mit dem bunten Reißverschluss.
Dann noch ein Schwenk über die Spanische Treppe und durch die Gassen mit den Edelgeschäften und wir erreichen am Piazza Popolo unsere Heimwärtsbahn und freuen uns schon auf den Besuch des Restaurants am Platze, das wir ebenfalls schon gut kennen.
Samstag, 23. März 2024
Wir haben echt Glück, denn auch an diesem Tag scheint die Sonne und es ist prächtig warm. Die Wäsche ist fast fertig getrocknet auf der Leine, die man gar nicht hätte aufspannen dürfen nach den Platzregeln hier. Der Platzwart gestikuliert ein „Dudu!“ und hat aber für uns einen Wäscheständer neben unseren Bus gestellt.
Nach dem Ab- und Umhängen der Wäsche geht es dann flugs wieder hinein nach Rom mit dem schmuddeligen Regionalzug. Ein wenig abenteuerlich ist es, den Bahnhof unbeschadet zu erreichen indem man eine Lücke erspäht im dichten, mehrspurigen Verkehr und über das nicht funktionierende Drehkreuz am Bahnhof selbst einfach drübersteigt. Aber alles geschafft und nach einer knappen halben Stunde sind wir wieder auf der Piazza Populo.
Über 25.000 Schritte haben wir am Abend auf dem Schrittzähler. An der Engelsburg vorbei zum Petersplatz, leider wieder auf den Petersdom verzichtet wegen der schier endlosen Schlange der Wartenden – so isses leider vor allem zu Ostern … Weiter durch die Straßen und Gassen Roms zum Gianicolo und das ehemalige Kloster, jetzige Luxushotel, gesucht und gefunden. Dann durch Trastevere, ein Eis auf der Hand.
Mit der Straßenbahn 8 eine Ausruhfahrt bis Casaletto und zurück zur Piazza Venezia. Blicke auf die Dioskuren, die „Schreibmaschine“, das Forum Romanum und die alte Wölfin, die Romulus und Remus säugt und wir unter zig anderen Touristen aus aller Herren Ländern.
Nachdem am Abend uns der scheppernde Regionalzug wieder an der Station Due Ponti abliefert, sind wir erfüllt mit den Bildern der Stadt der Städte, die sich heute von ihrer schönsten Seite zeigte. Und wir haben auch nicht vergessen, wieder ein paar Münzen in den Trevibrunnen zu werfen.
Sonntag, 24. März 2024
Unseren ursprünglichen Plan, heute nach Tivoli mit dem Zug zu fahren, verwerfen wir, weil die Verbindung mit dem ÖPNV doch nicht so günstig ist, wie zunächst gedacht. Wir nutzen unsere 48 Stunden Tickets, um noch einmal nach Rom hineinzufahren und dem Pantheon, der Piazza Navona und der Kirche Santa Maria Maggiore noch einen Besuch abzustatten. Wieder viel gelaufen, wenngleich nicht ganz so viel wie gestern. Und heute stört es uns doch so ab und an, dass Rom gerade echt von Menschen überlaufen ist.
Einen Teil des restlichen Nachmittags verbringen lesend auf dem Campingplatz und planen unsere Weiterfahrt bzw. die letzte Urlaubswoche. Das ist nicht so leicht ist, da das sonnige warme Wetter nicht hält und wir den einen oder anderen Plan entwerfen, verwerfen und abändern.
Abends dann zum letzten Mal auf dieser Reise ins L´Ottavo Colle, dem Campingrestaurant.
Montag, 25. März 2024
Morgens geht es also dann nach Tivoli, knapp 50km östlich von Rom. Wir ahnten nicht, welchem Verkehrschaos wir begegnen würden. Allein schon der Weg auf Roms Ringstraße lässt die Beifahrerin immer wieder zusammenzucken und spitze Schreie ausstoßen: einfahrende Autos von rechts fahren Zentimeter vor unserer Stoßstange hinein in den fließenden Verkehr, Lastwagen fangen auf den übervollen Fahrspuren an zu überholen und scheren gar nicht, bis spät, ein in ihre Spur. Die italienischen Autofahrer, es sind primär die männlichen Verkehrsteilnehmer, scheinen das Tänzchen auf der Straße in vollen Zügen zu genießen und Martin kann, wie bei den meisten Tänzen, gut mithalten. Allein die Beifahrerin ist fertig auf der nervlichen Bereifung.
Krasser wird es dann noch in Tivoli. Dort herrscht – aus unergründlichen Gründen (es ist Montagvormittag!) – mörderischer Verkehr. Vollste Straßen, keine Parkmöglichkeiten, enge Gassen, Einbahnstraßen, Fußgängerareale … und pfeifende Polizistinnen. Wir cruisen ca. eine Stunde wirr und in einer einzigen Stop- and- Go-Situation umeinander und finden keinen Parkplatz. Zu allem Überfluss registrieren wir dann auch noch, dass die zu besuchende Villa d`Este heute noch bis 14Uhr zu hat. Mittlerweile ist die Beifahrerin komplett entnervt und könnte nur noch ins Sitzpolster beißen. Martin gibt noch immer nicht auf, will unbedingt „mal einen Blick auf die Villa d´Este werfen“, von weiter oben oder unten … Schwierige Wendemanöver werden fällig, als wir uns in einer Sackgasse festgefahren haben. Die Beifahrerin dirigiert von draußen „noch 20cm, Stopp“, hin und her.
Endlich finden wir unten am Fluss auf dem Marktgelände einen großen städtischen Parkplatz und lassen dort unsere Karre stehen. Das Stapfen durch Tivolis Gassen beschert keinen Blick auf die besagte Villa, die ist ganz keusch von Mauern umgeben und gibt nichts von ihrer Schönheit preis.
Am frühen Nachmittag ist´s dann over mit Tivoli (Gottseidank) und wir wenden uns der Toskana zu. Nach 320km kommen wir auf dem uns schon bekannten und überaus schönen Campingplatz Valle Gaia bei Cecina an. Fast freie Platzwahl haben wir wieder und die Pizza im gut gefüllten Campinglokal schmeckt auch wieder vorzüglich.
Dienstag, 26. März 2024
Gestern Abend haben wir noch die Voraussagen verschiedener Wetterapps abgefragt und leider sagten alle aus, dass der Regen, der Montagnacht einsetzte sich bis Donnerstag fortsetzen würde.
Also ändern wir unsere Pläne und beschließen, morgen abzufahren und in drei großzügigen Etappen heimwärts zu trullern. Da es den ganzen Dienstagvormittag schüttet, bleiben wir im Bus, frühstücken dort und lesen.
Mittags fahren wir das pitschnasse Aufstelldach ein und machen einen Ausflug nach Pisa. Der schiefe Turm dort ist immer noch schief und Myriaden von Touris aus aller Welt lassen sich in der typischen Pose: „ich halte den schiefen Turm mit meinem kleinen Finger (wahlweise mit meinem Fuß oder mit meiner Hand)“ von ihren Begleitungen ablichten.
Wir haben Glück bei dem Pisabesuch: der Regen ist abgeebbt und die Temperaturen erträglich. Wir laufen noch ein bisschen durch die Altstadt und zum durchaus bemerkenswerten botanischen Garten der Stadt. Hörbuch hörend geht es dann am Abend wieder zurück zum Campingplatz nach Cecina.
Mittwoch, 27. März bis Freitag, 29. März 2024
Heimwärts geht´s nun aber wirklich: Abfahrt von Cecina mit leichtem Regen, Fahrt bis Venedig im strömenden Regen. Dort auf den Campingplatz von der Hinfahrt, nur als Zwischenstation und abends ins nette Platzrestaurant auf eine letzte Pizza. Am nächsten Tag dann wieder im Regen bis nach Ingolstadt. Wir wählen nicht die Autobahn, sondern den Weg über Belluno und an den Dolomiten vorbei. Schneegestöber am Passo di San Antonio auf 1549müM.
In Ingolstadt beziehen wir auch wieder den städtischen Stellplatz. Diesmal waren wir klüger und haben beim Spanier vorher telefonisch reserviert, aber es ist saulaut dort. Dann am Karfreitag die letzten 500km bis nach Hause. In Berlin erwartet uns sonniges, warmes Wetter und wir freuen uns auch darüber, Ostern wieder zuhause zu sein.
Fazit