Freitag, 14.Juli 2023
Seit zwei Tagen sind Sommerferien in Berlin und Brandenburg und (fast) alle unsere Kinder sind in ihre Urlaube ausgeflogen – also haben wir keine Kinderdienste vorläufig und nehmen uns eine Reise vor, die wir schon länger auf dem Schirm hatten: das Elsass. Bus und Anhänger sind miteinander verbunden und die beiden GS´n fest verzurrt im Anhänger.
Am Vormittag bespaßen wir noch einen der 7jährigen Enkel, dessen Hort heute zu hat. Aber gegen 15Uhr geht es dann los. Durch Staus und dichten Verkehr geht es heute bis Lauf an der Pegnitz, wo wir erst gegen 21:30Uhr ankommen. Nach dem Beziehen des Stellplatzes auf der südlichen Pegnitzwiese geht es noch zum Absackerweinchen ins schon bekannte örtliche Etablissement. Redlich müde von dem Tag und der davor liegenden Woche schlafen wir schnell ein in unserem Bus.
Samstag, 15. Juli 2023
Eigentlich wollten wir kurz vor 8Uhr früh los, aber leider entdeckt Martin einen Platten an einem Reifen des Anhängers und dann auch bald eine (der beiden!) Schrauben, die in ihm stecken. Der gelbe Engel wird gerufen und erscheint dann auch nach knapp 1,5 Stunden, fränkisch sprechend und sehr kompetent. Aber es nutzt nichts, der Reifen ist an Ort und Stelle nicht gesund zu zaubern, lediglich aufgepumpt wird er, so dass wir vorsichtig über die Landstraße fahrend, den einzig offenen (Samstag!) Reifenhändler ansteuern. Aber auch der kann nicht helfen: vulkanisieren kann man den Reifen nicht mehr und einen neuen Ersatzreifen haben die auch nicht. Also eiern wir weiter bis Nürnberg und versuchen auch dort unser Glück – jedoch vergeblich.
Mittlerweile hat es über 30°C und die Notlösung wird strapaziös: Martin kauft für Teuergeld an einer Tanke eine Dose mit „Reifendicht“ und lässt die noch verbliebene Luft aus dem Patienten, dann wird der Latexschaum über das Ventil in den Reifen geblasen. Endlich kann auch das Manometer an der Tankstelle wieder den notwendigen Bar-Druck in den Reifen pusten.
Wir setzen unsere Fahrt – Ziel Rottenburg am Neckar – fort, nutzen jedoch nur Landstraßen, Dadurch kommen wir langsamer voran, brauchen viel länger (gut fünf Stunden), sehen aber die schöne fränkische Landschaft und kommen gegen 16Uhr bei unseren Freunden in Rottenburg bei 37°C an.
Der Rest des Tages und Abends ist dann reines Wohlfühl: schöne Gespräche, gutes Essen und eine nette Umgebung.
Sonntag, 16. Juli 2023
Nach einem reichhaltigen Frühstück verabschieden wir uns von Klaus und Petra und treten unseren Restweg in das Elsass – wieder – über Landstraßen an. Wir werden begleitet (soweit mal Internet da ist) von den Top-100 der besten Breakup-Songs am ersten Sommersonntag von Radio1.
Wir erreichen den Campingplatz in Turckheim am Nachmittag. Dann geht´s um das Entladen der Moppeds und den Aufbau unseres Sonnen- und Regenschutztarps.
Störche gibt es hier zuhauf: auf den Dächern der umliegenden alten Häuser sitzen ganze Storchfamilien in ihren Horsten und klappern munter vor sich hin. Einzelne Störche machen sogar auf dem Campingplatz Inspektionsspaziergänge.
Am Abend laufen wir hinein ins sehr nahe gelegene Turckheim und stellen fest, dass trotz Restaurantdichte ohne Reservierung kaum ein Platz zu kriegen ist. Wir ergattern noch einen Tisch in einer Brasserie und verspeisen Flammkuchen mit Munsterkäse (lecker) und Salat Vigneronne, einem Käse-Fleischwurst-Gemixe (nicht so lecker). Gesättigt tapern wir die paar Meter heimwärts zum Campingplatz.
Montag, 17. Juli 2023
Unser erster Weg heute geht heute – auf den Motorrädern – gen Colmar, zu Euromaster. Der dortige Mitarbeiter kann Gottseidank ganz gut Deutsch und ein wenig Englisch und so kommen wir letztendlich zusammen und bestellen zwei neue Anhängerreifen und vereinbaren die Montage des neuen gegen den defekten am Samstagmorgen.
Dann werfen wir uns auf die Elsässische Weinstraße und begucken uns Riquewihr, dem „allerschönsten, über die Grenzen bekannten, Dorf Frankreichs“. Ja, es ist es hübsch, Fachwerk und alte Gassen, aber es ereilt uns das, was schon oft war: in unseren Köpfen rauscht so was durch wie, ähnlich wie Wernigerode oder wie Rothenburg ob der Tauber, alles sehr touristisch und damit „ergreift“ uns die Schönheit nicht tief im Herzen. Soll heißen, wir haben aufgrund unseres fortgeschrittenen Alters halt schon viel gesehen und vergleichen immer mal wieder. Ja, aber hübsch ist Riquewihr wirklich.
Weiter die Weinstraße fahrend, kommen wir durch den weiteren als besonders pittoresk genannten Ort: Ribeauvillé. Danach steuern wir die mächtige Burg Haut-Koenigsbourg an. Sehr viele Touristen sind unterwegs, die Motorradstellplätze nahe dem Burgeingang fast belegt. Uns ist sehr warm und erstmal brauchen wir ein kühles Getränk. Wir können uns danach nicht entschließen, die Burg von innen zu erkunden: zu viele Menschen und in der Motorradkleidung macht das Klettern nicht wirklich Freude. Wir sparen uns den Besuch der Burg mit ausführlichem Rundgang auf ein ander Mal auf, wenn wir vielleicht mal auf dem Weg nach Spanien im Elsass pausieren und es weniger warm ist.
Der Rückweg führt uns über kleine Straßen über die Berge zuerst nach Kayersberg, dann zu einem Supermarkt für einen kleine Einkauf und schlussendlich wieder zurück zum Campingplatz.
Martin greift auf der Suche nach der Schere in die Besteckschublade und ratscht sich am großen Brotmesser den linken Mittelfinger auf. Es blutet wie Sau, aber mit Druckverband und Pflastern kann dem entgegengewirkt werden. Mal sehen, wie das morgen mit dem Kuppeln funktioniert.
Nach einer Dusche und einem kleinen Schluck Cremant d´Alsace geht es dann hinein nach Turckheim, um festzustellen, dass es heute überhaupt keinen freien Restauranttisch für uns gibt. Traurig, aber wahr. Also machen wir heute auf Selbstversorger und es gibt Pasta Bolognese.
Dienstag, 18. Juli 2023
Am Nachmittag soll Regen kommen. Wir frühstücken ausgiebig vor unserem Bus im Schatten, weil es schon ordentlich schwül ist. Dann geht es zunächst zum Zwiebelstädtchen Eguisheim – ebenfalls touristischer Hotspot. Der nachmittägliche Regen probiert sein Glück bereits am Vormittag und weil es ihm so gut gefällt, bleibt er den ganzen Tag und schaut immer mal wieder vorbei.
Für uns geht es nach dem Kaffeestopp in Eguisheim dann in Richtung Süden – die gesperrten Straßen vermeidend, über Gueberschwihr und Lautenbach bis zum Einstieg zu einer Stichstraße in Richtung Petit Ballon. Über schöne Kurven geht es hinauf bis zum Col de Boenlesgrab auf 865müM. Da von dort oben nur Schotterstraßen weiterführen, fahren wir dieselbe Kurvenstraße wieder hinunter. Nun geht es in Richtung Westen bis nach Le Markstein auf 1183müM. Dort oben herrscht jetzt touristisches Wander- und Sommerrodelbahntreiben. Im Winter ist hier Skizirkus. Wir können uns noch gerade in die Restauranthütte zu einem Crêpe und zwei (wasserähnlichen-) Kaffee retten, bevor ein Wolkenbruch mit Hagel und Regen herniederprasselt. In vier Tagen soll hier die vorletzte Etappe der Tour de France enden. Als die Sonne wieder rausspitzt fahren wir weiter und sehen etliche am Straßenrand geparkte Wohnmobile. Da haben sich wohl die treuen Fans schon Plätze in der ersten Reihe fürs Spektakel am Samstag reserviert.
3km der Route des Cretes fahren wir, biegen dann ab über das Col du Platzerwasel und dann segeln wir über Munster im gewittrigen Wetter nach Turckheim zurück. Eine dicke Wasserblase hat sich in der Mitte des Vordachs gebildet. Also hat es auch hier tagsüber geregnet. Na, mal sehen, wie zuverlässig die Wettervorhersage für morgen ist.
Diesmal waren wir klüger, bzw. haben die hiesigen Regeln besser adaptiert, und im „Little Italy“ reserviert. Hinterher können wir sagen: ja, Tisch ergattert, aber der kulinarische Hochgenuss blieb aus. Das netteste war die Gauklertruppe, die Halt machte mit ihren Kunststückchen und uns zusehen ließ.
Mittwoch, 19. Juli 2023
Für heute ist volle Lotte Sonne und kein Regen angesagt und um dem schon vorwegzugreifen: das stimmte denn auch. So haben wir´s bestellt für unsere Route des Cretes Tour.
Verhältnismäßig früh brechen wir auf vom Campingplatz und cruisen über schönste Waldkurvenstraßen über Trois-Épis bis nach Orbey, tanken dort, bekommen aber noch keinen Kaffee. Dann geht es über den Ort Le Bonhomme aufs Col des Bagenelles und von dort aufs Col du Bonhomme. Hier bekommen wir bei windigem Wetter einen dazu passenden windigen Kaffee, der Wellen schlägt in der Tasse wegen des stark blasenden Windes. Danach steigen wir dann dort auf die Route des Cretes ein.
Munter Kurven fahrend geht es bis zum Col de la Schlucht, wo viele Womos und Autos um die Parkplätze konkurrieren. Ein Schild weist aus, dass zur Vorbereitung der Tour de France sich ab morgen keine parkenden Autos hier mehr befinden dürfen. Na, die werden sich freuen.
Unser Weg führt uns weiter bis zur Auffahrt auf Le Hohneck auf 1300müM. Es geht in engen Serpentinen hinauf und der 310er Fahrerin wird schon wieder angst und bange vorm Herunterfahren.
Als das dann mit Hilfe des versierten Kurventrainers auch geschafft ist, geht es weiter bis Le Markstein, dem schönsten Stück der gesamten Route des Cretes, da jenseits der Baumgrenze der weite Blick ins Land erlaubt ist. Vorbei am Grand Ballon, der sich rechts neben uns erhebt und leider keine befahrbare Straße bereithält, geht es dann die letzten Kilometer der Strecke in Richtung Cernay. Fazit für uns: die Route des Cretes ist nun abgehakt auf der Bucket List der Straßen, die man als Motorradfahrer mal unter den Stollen gehabt haben sollte, sie ist easy zu fahren und bei den heute herrschenden sehr warmen Temperaturen ist es eine Wohltat auf über 900müM so dahinzugleiten.
Donnerstag, 20. Juli 2023
Nachdem es vor zwei Tagen nicht geklappt hat, auf den Petit Ballon hinaufzufahren, haben wir uns das für heute vorgenommen. Das Wetter spielt freundlicherweise wieder mit und die Sonne lacht auf uns seit morgens hernieder. Als Einstieg zur heutigen Tour fahren wir die kleine kurvenreiche Straße durch den Wald auf das Collet du Linge. Hier befanden sich etliche Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges. Wir pausieren an einem deutschen Soldatenfriedhof, der das Grauen dieses schrecklichen Krieges, ob der vielen Kreuze in ein Bild gießt.
Dann fahren wir runter nach Munster für einen wiederum schrecklichen Kaffee … und von dort über eine winzige Straße hinauf zum Petit Ballon. Die Straße, die in einigen Kurven verläuft, ist schmal und mit sehr ruppeligem Asphalt belegt. Das Fieber auf das bevorstehende Event der Tour de France ist in den letzten Tagen merkbar angestiegen und ablesbar an den immer mehr werdenden am Straßenrand stehenden Womos.
Als wir das Col de Petit Ballon erreicht haben, düsen wir dann genau über die restlichen Straßenkilometer der Tour de France wieder nach Le Markstein und machen dort wieder eine Crêpepause.
Nachdem die Straße zum Stausee in Richtung Kruth/ Wildenstein gesperrt ist, beschließen wir alternativ die Route des Cretes nochmal in entgegengesetzter Richtung bis zum Col de la Schlucht zu fahren. Von dort wählen wir dann den Weg durch das Tal der Meurthe und kommen in Plainfaing vorbei- den Franzosen wohl sehr bekannt für die Bonbonfabrik mit angeschlossenem Werksverkauf hier. Unsere kurze Pause hier wird zwar von einer netten Bedienung begleitet, aber wieder mit schlechtem Kaffee und geschmacklosen Softeis. Über das Col du Bonhomme und kleinere Straßen, die wir weitgehend schon gefahren sind, geht es dann zurück nach Turckheim. Auch heute machen wir auf Selbstversorger.
Fazit zur Motoradreise: Das Elsass bietet viele pittoreske Dörfer, die sich ihrer touristischen Anziehungskraft auch bewusst sind. Das Straßennetz in den Vogesen ist dicht, von groß bis klein und winzig. Die Route des Cretes ist nett und das Tohuwabohu um die Tour de France ein echtes Spektakel. Warum der Kaffee in Frankreich so gut wie immer unter aller Kanone ist, wie auch immer seine Darreichungsform genannt wird, bleibt ein ewiges Rätsel. Von dem kulinarischen Angebot haben wir bislang wegen mangelnder Reservierung nicht profitieren können. Unser Campingplatz in Turckheim hob sich positiv von dem, was wir in Erinnerung hatten, von französischen Campingplätzen ab. Und last not least: Danielas Fahrkünste haben weiterhin Luft nach oben, üben ist angesagt.
Freitag, 21. Juli 2023
Der heutige Vormittag diente dem Verladen der Motorräder. Die ursprüngliche Idee, diesmal beide vorwärts reinzuschieben wurde wieder aufgegeben, das klappt nicht. Nach zwei Stunden ist die Plackerei beendet und der Anhänger steht abfahrbereit da. Jetzt gilt es noch, das Tarp abzunehmen und einzupacken.
Wir fahren dann noch rein nach Colmar und begeben uns ins Getümmel in den hübschen Gassen der Altstadt.
Mittags nehmen wir in einem netten Lokal das Tagesmenü, einmal Fleisch und einmal Fisch. Dem heftigen Regenguss, der uns beim Vorspeisensalat überrascht, können wir durch zügiges Rücken des Tisches und der Stühle unter einen der großen Schirme was entgegensetzen.
Nach dem Mahl wandern wir noch ein wenig durch Colmar und besuchen anschließend noch einen Discounter, um Crémant d´Alsace und Birnenbrand einzukaufen. Am späteren Nachmittag hat sich der Regen verzogen und die Sonne lacht wieder. Wir verbringen die letzten Stunden dieses Urlaubs mit minimaler Campingausrüstung vor unserem Bus.
Samstag, 22. Juli 2023
Vor dem Heimweg steht der Reifenhändler: wir fahren schon um 7:30Uhr vom Campingplatz ab und zu unserem vereinbarten Termin bei Euromaster in Colmar.
Dann geht´s noch kurz zu einem Einkaufszentrum mit angeschlossenem Café, um den ersten, einzigen richtig guten Kaffee dieser Reise zu ergattern – als ob Frankreich doch noch zeigen will auf den letzten Metern, dass guter Kaffee doch auch hier möglich ist.
Anschließend fahren wir die ganzen 820km bis Berlin heute noch heim.